Neujahrsblatt Zürich 11/12

NeujahrsblattHerausgeber: Verein zur Förderung der Erwachsenenbildung Zürich 11/12
Sekretariat: Erchenbühlstrasse 48, 8046 Zürich, 571737, Postkonto 80-44320 Redaktion: Dr. phil. Erwin Kunz, Erchenbühlstr. 48, Zürich-Affoltern

20. Jahrgang 1997

Inhalt

  1. Vorwort von Herrn Anton Steiner, Zunftmeister
  2. Ehrenliste unserer Donatoren
  3. Die Zunft Schwamendingen, von Herrn Hans Wetter, Statthalter

Vorwort

Die jüngste Zunft des Verbandes der Zünfte Zürichs hätte wohl kaum schon mit ihrer Geschichtsschreibung beginnen können, wenn nicht einige Unentwegte vor keinem zeitlichen Opfer zurückgeschreckt wären. Rückblickend darf festgestellt werden, dass die Zunft im Frühjahr 1975 gegründet und am Ende desselben Jahres im Verband der Zünfte Zürichs aufgenommen wurde; dass wir am Sechseläuten 1976 bereits voll kostümiert und uniformiert mitmarschieren konnten, dürfte unser kleines Wunder vervollständigen. Ich möchte deshalb dieses Vorwort dazu benützen, all jenen zu danken, die es durch ihren unermüdlichen persönlichen Einsatz ermöglichten, dass unsere Zunft Schwamendingen Tatsache geworden ist. Ein besonderer Dank gilt unserer Göttizunft St. Niklaus für den Beistand, den sie der Zunft Schwamendingen in bösen und schönen Stunden zuteil werden liess. Denselben Dank verdienen alle übrigen Zünfte für die freundliche Aufnahme, der sich unsere Zunft Schwamendingen erfreuen durfte. Unsere Zunft wird sich bemühen, die bestehenden Beziehungen zu vertiefen und dort, wo noch keine Gelegenheit bestand, nähere Kontakte aufzunehmen, diese anzustreben.

Ein grosser Dank gehört der Vorsteherschaft. In unzähligen Stunden gemeinsamer Arbeit wurde das hervorgezaubert, was die Zunft Schwamendingen nicht nur äusserlich zur Schau trägt, sondern auch als geistiger Auftrag übernommen hat.

Ein weiterer Dank ist dem Schweizerischen Landesmuseum und all jenen auszusprechen, die im Bereich der Kostümierung, Uniformierung, Zunftlaterne, Zunftwagen und Satzungen die Zunft Schwamendingen nicht nur berieten, sondern auch tatkräftig Hand anlegten.

Im Dank einzuschliessen sind auch alle Schwamendinger Zünfter, die konstruktiv am Aufbau der Zunft mitgearbeitet haben und nicht zuletzt auch alle jene, die ein gleiches taten, dann aber aus irgendwelchen Gründen das Schiff verliessen, bevor es den Anlegeplatz erreicht hatte. Der abschliessende Dank gehört der Erwachsenenbildung Zürich 11/12 für die freundliche Bereitschaft, in ihrem Neujahrsblatt 1977 der Zunft Schwamendingen den nötigen Zeilenraum zur Verfügung zu stellen.

Anton Steiner, Zunftmeister

Ehrenliste unserer Donatoren

Nachstehende Persönlichkeiten und Firmen haben unsere Bemühungen um die Erwachsenenbildung in der neuen Stadt hinter dem Milchbuck durch freiwillige Spenden tatkräftig unterstützt. Wir danken ihnen an dieser Stelle auch im Namen der Bevölkerung von Zürich 11/12 recht herzlich.

  • Herr Dr. S. Widmer, Stadtpräsident, Zürich
  • Herr Ernst Sturzenegger, Fabrikant, Zürich-Affoltern
  • Schweizerische Kreditanstalt, Stadtfilialen Oerlikon, Affoltern, Schwamendingen
  • Herr Otto Baumann, Gemeinderat, Oerlikon
  • Herr Max Kunz, Direktor der «Züspa», Oerlikon
  • Baugenossenschaft Hagenbrünneli, Zürich 11
  • Herr Jakob Baur, Stadtrat, Zürich
  • Herr Prof. Dr. H. Burkhardt, Stadtrat, Zürich
  • Frau Dr. Emilie Lieberherr, Stadträtin, Zürich
  • Zürcher Kantonalbank, Zweigstelle Zürich 11/12
  • Herr Dr. Alfred Gilgen, Regierungsrat, Affoltern
  • Baugenossenschaft Milchbuck, Zürich
  • Grands Magasins Jelmoli SA, Zweigstellen Oerlikon und Glatt
  • Herr Roland Gloor, Wallisellen
  • Herr Willy Holder, Elektro-Ingenieur, Oerlikon
  • Migros Genossenschaft Zürich
  • Herr Ernst Büchi, «Die Vorstadt», Oerlikon
  • Herr W.F. Leutenegger, Nationalrat, Seebach
  • Herr Oscar Sacchetto, Sekundarlehrer, Zürich
  • Herr Anton Steiner, alt Kantonsrat, Schwamendingen
  • Herr Direktor Aug. Kern, Zürich
  • Herr Willi Hermann, Friedensrichter, Affoltern
  • Herr Dr. Hugo Wenninger, Oberrichter, Oerlikon
  • Herr Hans Hilfiker, alt Gemeinderat, Zürich
  • Frau Monika Weber, Kantonsrätin, Seebach
  • Herr Hans Mannhart, Architekt, Affoltern
  • Herr Bruno Cristini, Bezirksrat, Affoltern
  • Herr Fritz Betschard, Kaufmann, Oerlikon
  • Herr Arthur Wanner, Gemeinderat, Seebach
  • Herr Othmar Röthlin, Gemeinderat, Schwamendingen
  • Herr Emil Trinkler, Rechtsanwalt, Schwamendingen

Die Zunft Schwamendingen

von Hans Wetter, Statthalter

Historischer Rückblick

Turicum, das heutige Zürich, war eine römische Zollstation ohne besondere Bedeutung und fristete sein Dasein im Schatten der Provinzhauptstadt Mainz. Widmer1 formuliert es so: Helvetien-Provinz am Rande eines Weltreiches. 260 nach Christus, als die Alemannen das römische Helvetien überrannten und verheerten, fand der römische Einfluss sein Ende. Immerhin war unvermeidlich, dass sich die alemannischen Eindringlinge mit den verbliebenen helvetisch-römischen Einwohnern vermischten und somit zu unseren «~Stammvätern» wurden. Die Hunnen, nach dem Überschreiten des «Asowschen Meers» um 375 nach Christus, zogen gegen die Goten und verwüsteten auf barbarische Art und Weise die Ländereien des heutigen Europas. Gegen Ende des 5. Jahrhunderts setzte dann die Völkerwanderung ein. Germanische Völker trieben ihre Beutezüge in den Mittelmeerraum vor.

Zu Beginn des 6. Jahrhunderts gelangten dann die Alemannen immer mehr in den Einfluss- und Abhängigkeitsbereich der christianisierten Franken. Die Gründung der Siedlung «Suamundinga» dürfte auf das 6./7. Jahrhundert zurückgehen. Im 7. Jahrhundert findet Turicum erstmals als «Ziurichi» Erwähnung. Aber immer blieb die «Stadt» einem Reichsoberhaupt unterstellt.

Im Jahre 768 wurde Karl der Grosse (742-814) Alleinherrscher über das Frankenreich. Um 802 findet der Adel und das Lehenswesen seine organisierten Formen. In dieser Zeit lebte in «Suamundinga» der Alemanne Picho, Sohn Ertillos. Er vermachte 810 sein Besitztum «Suamundinga» dem Chorherrenstift Fraumünster, damit er nach seinem Tod in dieser Erde begraben werde.

Nach dem Ableben Karls des Grossen und mangels einer Herrscherpersönlichkeit in seiner Nachkommenschaft bricht das Frankenreich auseinander. So gelangt «Ziurichi» in die Einflusssphäre der Ostfranken. Mit Karl brach eine Kultur an, die den edlen Ritter, den Minnesang, das höfliche Benehmen förderte. Der fahrende Sänger Tannhäuser stellte in der Mitte des 13. Jahrhunderts für höfliches Benehmen, das später in abgeänderter Form auch bei der Gesellschaft zur Schicklichkeit gehörte, folgende Regeln
auf:
«Wenn ihr euch zum Essen setzt, so sollt ihr sprechen:,Gesegne es uns Jesus Christus!' Gedenket Gottes zu allen Zeiten, und vergesst beim Essen nicht der Armen und Waisen. Kein edler Mann soll mit einem Löffel trinken noch mit Schüsseln. Auch soll sich niemand während des Essens über die Schüssel legen und dabei wie ein Schwein schnaufen und schmatzen. Gar mancher beisst von seinem Brotstück ab, taucht es dann wieder nach bäurischer Sitte in die Schüssel; ja mancher legt den Knochen, den er benagt hat, wieder in die Schüssel zurück. Wer gern Senf und Salz isst, der soll nicht mit den Fingern hineingreifen. Man soll nicht gleichzeitig reden und essen wollen. Auch soll man nicht das Brot, wenn man davon abschneiden will, an den Leib legen, wie wohl ein schwaches Weib zu tun pflegt. Niemand trinke, wenn er den Mund noch voll hat; mancher bläst auch in den Trank, doch sollte man solchen Mangels an Zucht frei sein. Niemand sehe über den Becher, wenn er trinkt. Ehe man trinkt, wische man den Mund ab, damit nicht Fett an den Trank komme. Niemand lege beim Schneiden den Finger aufs Messer, wie der Kürschner zu tun pflegt. Man stochere nicht mit dem Messer in den Zähnen herum und schiebe nicht die Speise mit den Fingern auf den Löffel. Auch lockere niemand bei Tisch den Gürtel. Man schnäuze nicht die Nase mit der Hand, auch sollen nicht alle zugleich in die Schüssel greifen; man esse nicht so gierig, dass man sich in die Finger beisst. Man reibe sich auch nicht die Augen, noch greife man sich in die Ohren.»

Mit dem Adel bricht auch das Zeitalter des Burgen- und zur Sicherung eines guten Gewissens breiter Adelsschichten, des Kloster- und Kirchenbaues an, was wiederum den Städtebau förderte. So ergänzten zwischen dem 8. und 14. Jahrhundert zahlreiche kirchliche Institutionen die bereits in Zürich und Umgebung bestehender Gotteshäuser.

Die wissenschaftlichen Forschungen ergaben, dass das Fraumünster um 874, das Grossmünster um 1100 und die Kirche Schwamendingen vor 1270 errichtet wurden.

Rudolf Brun bricht mit der alten Gesellschaftsordnung

Nachdem die Ostfranken die Herrschaft über Zürich verloren hatten, ging die Stadt als Erbschaft an den Grafen von Lenzburg, dann 1173 nach deren Aussterben an die Zähringer über. 1218, mangels männlicher Nachkommen bei den Zähringern, kam es zu einer Teilung der Reichsvogtei. Über das Gebiet rechts der Limmat herrschte der Graf von Kiburg, die Freien von Schnabelburg über dasjenige links der Limmat. Das Gebiet der «Stadt» mit den unmittelbar angrenzenden Siedlungen wurde von der Abtei Fraumünster, deren Äbtissin in den Fürstenrang erhoben wurde, verwaltet. Schliesslich, wegen Kompetenzgründen, trat sie dann die Reichsvogtei gemusstermassen an die einflussreichsten Zürcher Familien ab. In der Zwischenzeit schloss sich Zürich den Habsburgern an. Die altangesessenen Bürger, die durch Handel und Gewerbe oder aus den Erträgen ihrer Liegenschaften reich und vermögender als die Ritter geworden waren, regierten die Stadt. Die Ritter, die zum Teil aus bescheidenen Verhältnissen stammten oder durch verschwenderischen Lebenswandel in eine wirtschaftliche Notlage gekommen waren und durch die Regierenden mit der Zeit aus ihren Stellungen verdrängt wurden, suchten den Zusammenschluss. Die eingesessenen Handwerker ihrerseits, die vom eigentlichen Bürgerrecht noch ausgeschlossen waren, zu den Steuern, zum Frondienst im Sinne von Befestigungsbauten und zum Kriegsdienst aber das ihrige beizutragen hatten, teilten ihre Unzufriedenheit. So polarisierten sich eine aus zwei verschiedenen Lagern stammende Opposition, wobei den Handwerkern die Rolle der Sturmböcke zugedacht wurde, der sie, wie die Geschichtsschreibung beweist, in jeder Beziehung gerecht wurden. Im Frühjahr 1336 spitzen sich die Verhältnisse in bedrohlicher Weise zu. An die Spitze des Lagers der Ritter und Handwerker wurde der junge, ehrgeizige, begabte, ritterbürtige, bereits im Rat sitzende Rudolf Brun gestellt. In aller Stille arbeitete er den Gerichten- und Geschworenenbrief aus, wobei ihm wohl die Strassburger Zunftverfassung als Vorbild diente. Dieses Dokument bildete auch während Jahrhunderten die Grundlage der zürcherischen Verfassung. Am 7. Juni 1336, unter dem Druck der sich seit längerer Zeit angestauten Unzufriedenheit, barst die Zurückhaltung. Junker Rudolf Brun wurde Bürgermeister. Er verwies einen Teil der bisher regierenden Gesellschaft der Stadt, schuf nebst den Zünften die Gesellschaft zur Constaffel, der Adel und Patriziat angehörte, legte den Grundstein zu einer Militärorganisation und engagierte sich mit den Waldstätten. Zürich, dank seiner wirtschaftlichen Entwicklung, die insbesondere auch dem qualifizierten Handwerk zuzuschreiben war, konnte sich dann im Jahre 1400 gegen eine beachtliche Zahlung von der habsburgischen Bevormundung loskaufen.

Der Gerichten- und Geschworenenbrief als Zürcher Zunftverfassung

In der «Chronik der Stadt Zürich» ist über dieses Ereignis folgendes tU lesen: «Als der uflof Zürich beschach. Anno domini 1336 do bcschach der uflof Zürich an dem 7. tag brachotz und wart Rudolf Brun der erst burgermeister und die nüwen räte und zünfte gesetzt. Und wurden die alten ratsherren abgestossen und usser der statt geslagen. Darüber nam sie graf Rudolf von Habspurg zu im gen Rapperswile in die statt, do er zu dien von Zürich gesworen hatt. Und also kriegte der obgenant von Habspurg und die usgeslagnen von Zürich lang mit dem burgermeister und dien räten Zürich».

Die alten Zünfte

Von Interesse dürfte sein, welche Berufsgattungen in der Gesellschaft zur Constaffel und den einzelnen Zünften zusammengefasst wurden. Aus dem Geschworenenbrief entnehmen wir:  «Des Ersten Ritter, Edelleute, Burger, die ir geltend Gut hand, Kaufflüte, Gwenndschnyder, Wächseler, Goldschmiede und Salzlüt, die soll man nennen CONSTAFFEL, und soll man von in setzen ehrbar Lüt, in den Rat, und sullen eynem Burgermeister wartende syn, und der Statt Panner etc. Darnach Krämer, und die nach Kram ir Kauffes farend, die sullen haben ein Zunfft (SAFFRAN) und ein Panner. Tuchschärer, Schnyder, und Kürschner habend ein Zunfft (SCHNEIDERN) und ein Panner. Wynschencken, Wynrüeffer, Wynzügel, Satteler, Maler und Underkäuffer sollend auch sammet haben ein Zunfft (MEISE) und ein Panner. Pfister und Müller sollen haben ein Zunfft (WEGGEN) und ein Panner. Wollenwäber, Wollenschlager, Gratucher, Hutter, Lyniwäber, Lynwandter und Bleycher sullen haben ein Zunfft (WAAG) und ein Panner. Schmidt, Swertfeger, Kannengiesser, Gloggener, Spengeller, Sarwürcker (Kettenhemdanfertiger), Schärer und Bader, habend all ein Zunfft (SCHMIEDEN) und ein Panner. Gerwer, Wyssläderer und Permdendter ist ein Zunfft (GERBER) und habend ein Panner. Metzier (Metzger), und die Vich und Rinder uff dem Lande kauffend, und zu den Metzein trybend, habend auch ein Zunft (WIDDER) und ein Panner. Zymberlütte, Muwrer, Wagner, TrachseI, Holtzkäuffer, Vassbinder und Räbleute, die in unser Statt wonhafft sind hand gemeinlich rin Zunfft (ZIMMERLEUTEN) und ein Panner. Vischer, Schifflütte, Karer, Seyler und Tregel die sullen haben ein Zunfft (SCHIFFLEUTEN) und ein Panner. Gartner, Oeler, und alle Grempler sullen haben ein Zunfft (KAEMBEL) und ein Panner »

Bis 1798 stieg die Bevölkerungszahl Zürichs immer weiter an. Wirtschaftlich gab es Höhen, aber, wie andernorts auch, Tiefen zu überwinden. Es erfolgte der Einmarsch der Franzosen, der Bürgermeister wurde durch einen Burger-Regierungsstatthalter mit oberster Machtbefugnis ersetzt. Die Zünfte wurden aufgelöst, der Stand Zürich hatte Frankreich eine Abgabe von Fr. 3 000000.- zu leisten, wobei zwei Drittel durch die Mitglieder der alten Regierung und ein Drittel durch die Bürgerschaft aufzubringen waren. Leider musste bei dieser Gelegenheit wertvollstes Zunft-Silbergeschirr als Zahlung dienen. 1803 sah Napoleon ein, dass sein schweizerischer Einheitsversuch gescheitert war. Mit einer Mediationsakte, ein Versuch, einen Ausweg aus der Helvetik zu finden, räumte er den Zünften bis zu seinem 1814 erfolgten Sturz ein bescheidenes Recht ein. Die Regierungsform wechselte. Vom Staatenbund wurde 1848 der Bundesstaat. Das Zunftwesen überlebte. Ihre Aufgaben wechselten vom direkten zum indirekten staatspolitischen Träger, und sie verlegten ihre Tätigkeit in den kulturellen und gesellschaftlichen Bereich. Die Satzungen, an die die Ehre des einzelnen Zünfters geknüpft ist, verpflichten sich zur Förderung des vaterländischen Geistes und des bürgerlichen Gemeinsinnes, die Pflege der edlen Geselligkeit und Freundschaft sowie das Wahren zürcherischer Überlieferungen.

Die neuen Zünfte

Im Zuge der Eingemeindungen suchten die ehemals autonomen Gemeinden ihr Brauchtum zu erhalten und zu fördern, gleichzeitig aber auch den Kontakt mit der Stadt und seiner Eigenart zu vertiefen. So wurden, wie könnte es anders sein, neue Zünfte ins Leben gerufen. Als älteste «Jungzunft» wurde die Stadtzunft 1867 ins Leben gerufen, ihr folgte die Zunft Riesbach, die 1896 in den Verband der Zünfte Zürichs aufgenommen wurde, dann die Zunft Fluntern 1897, die Zunft zu den drei Königen 1897, die Zunft zu Hottingen 1897, die Zunft Wiedikon 1897, die Zunft Wollishofen 1901, die Zunft im Hard 1922, die Zunft zu Oberstrass 1925, die Zunft zur Letzi 1934, die Zunft St. Niklaus 1933, und schliesslich die Zunft Schwamendingen 1975.

Die Zunft Schwamendingen

1934 fand die Eingemeindung von Oerlikon, Seebach, Affoltern und Schwamendingen zum Stadtkreis 11 statt. Zu diesem Zeitpunkt zählte Schwamendingen 2 820 Einwohner. Diese waren hauptsächlich in der Landwirtschaft und in den in Oerlikon etablierten Fabriken tätig. Das Gewerbe entfaltete seine Tätigkeit noch auf sehr brachem Boden, waren doch die Einkommensverhältnisse mehrheitlich eher bescheiden. Nach dem zweiten Weltkrieg machten sich grosse Nachholbedürfnisse bemerkbar. Industrie und Gewerbebetriebe schossen wie Pilze aus dem fruchtbaren Boden. Der dadurch verursachte Sog an Arbeitskräften entvölkerte die Landschaft. Die Agglomeration Zürichs, insbesondere Schwamendingen mit seinen Landreserven, wurde zu einem menschlichen Ballungszentrum, das immer mehr Wohnraum bedurfte. Die grosse Bautätigkeit befruchtete alle Teile des Gewerbes. Schwamendingen wurde zu einem kosmopolitischen Quartier, bis sich Begegnungsstätten fanden, und zu einer Schlafstätte. Bald bewohnten rund 35 000 Einwohner die 598 ha umfassende Grundfläche. Die Landreserven waren bald erschöpft.

1970 lebten im Kreis 11 58 135 Einwohner. Da dies, im Vergleich zu andern Stadtkreisen, den Rahmen sprengte, entschlossen sich die Räte, Schwamendingen zum 12. Stadtkreis zu machen. Dies wurde 1971 zur Tatsache.

Schon im weiteren und näheren Vorfeld dieses politischen Aktes, wie aber auch gleich danach, befassten sich in Schwamendingen ansässige Persönlichkeiten des politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens mit dem Gedanken der Gründung einer Zunft. Man war sich bewusst, dass im alten Stadtkreis 11 seit 1933 bereits die Zunft St. Niklaus ihre Tätigkeit entfaltete. Seinerzeit waren ja auch Schwamendinger dabei, die tatkräftig mithalfen, diese Zunft aus der Taufe zu heben. Nachfahren dieser Gründungsmitglieder zieren noch heute deren löblichen Rodel (Zünfterverzeichnis). Man erinnerte sich auch daran, dass 1428 zur Obervogtei Schwamendingen Oberhausen, Oerlikon, Opfikon, Seebach und Stettbach gehörten, und dass schliesslich 1615 auch noch Dübendorf, Dietlikon und Rieden dazukamen. Schwamendingen war also vor 360 Jahren von Bedeutung. Obschon es «ennet dem Berg» lag, kam es seinen Verpflichtungen immer nach, auch dann, wenn es galt, den letzten «Brosamen» mit den «Städtern« zu teilen. Man schickte sich an, einen alten Wechsel zu präsentieren, in der Hoffnung, dass er deshalb eingelöst werde, weil es den Initianten für die Gründung einer Zunft im Kreis 12 insbesondere darum ging, in diesem von menschlichem Flugsand überlagerten Gebiet, der keine oder nur eine unzulängliche Beziehung zur neuen Umgebung empfand, einen Pfahl einzurammen, in der Absicht, gleichgesinnte Kräfte, gleich welcher politischen Anschauung oder konfessionellen Zugehörigkeit, zu sammeln. Es war vor allem der lokale Gewerbeverein, der diese Bestrebungen sehr aktiv vorantrieb.

Schliesslich fand am 7. Mai 1973, nach Bekanntmachung in der Lokalpresse, im kleinen Saal des Gasthofes zum Hirschen in Schwamendingen eine 1. Orientierungsversammlung über die Gründung einer Zunft im Kreis 12 statt. Es nahmen daran 31 Personen teil. Diese beschlossen, eine Satzungskommission zu bilden und auf den 2. Juli 1973 die Gründungsversammlung der Vorbereitenden Gesellschaft zur Gründung einer Zunft im Kreis 12 einzuberufen. Die diesbezügliche Einladung enthielt folgende Geschäfte:
1. Wahl des Tagespräsidenten
2. Wahl von 2 Stimmenzählern
3. Genehmigung der Satzungen und Gründung
4. Wahl des Präsidenten und der übrigen Vorstände
5. Wahl von 2 Rechnungsrevisoren und eines Ersatzmannes
6. Festsetzung der
6.1 Gründungsbeiträge
6.2 Jahresbeiträge
6.3 Jahresgebühren
7. Varia
An der Gründungsversammlung waren 37 Herren zugegen.
Entschuldigt haben sich 19. Da die Anwesenden und Entschuldigten als Gründungsmitglieder gelten, zählte die Vorbereitende Gesellschaft zur Gründung einer Zunft im Kreis 12 am 2. Juli 1973 56 Mitglieder. Als Präsident der Gesellschaft und bis zum Gründungsakt der Zunft Kreis 12 wird Anton Steiner gewählt. Es wurde beschlossen, dass ab 3. September 1973 jeweils am 1. Montag des Monats ein Bott stattfindet. Bei diesen Gelegenheiten wird der Präsident die Gesellschafter über den Stand der Arbeiten orientieren, und nach Möglichkeit werden die Zusammenkünfte durch einen kulturellen Kurzvortrag bereichert. Das Wirken der Vorbereitenden Gesellschaft war klar umrissen und verfolgte das Ziel der Gründung einer Zunft im Kreis 12 und die Aufnahme' in den Verband der Zünfte Zürichs. Um die umfangreichen Vorarbeiten linear vorantreiben zu können, drängte sich die Schaffung von Arbeitsgruppen auf. Diese nahmen sich folgender Themen an: Zunftsatzungen, Zunftname, Zunftwappen, Zunft- und Kinderkostümierung, Reitergruppe, Uniformierung der Reiter, Zunftlaterne, Zunftwagen, Zunftmusik, Zunftweine, Wappenschilder, Wahlspruch, Erinnerungsmedaille und Zunftlokale. Gleichzeitig machte man sich auf die Suche nach einer Göttizunft. Eine solche zu besitzen ist Voraussetzung, um im Verband der Zünfte Zürichs aufgenommen zu werden. Angesichts der Tatsache, dass im alten Kreis 11 die Zunft St. Niklaus heimisch ist, lag es auf der Hand, zumal auch Schwamendinger zu deren Gründungsmitgliedern zählten, dort anzuklopfen. Unsere Bitte fand ein erfreulich gutes Echo. Bereits am 25. Oktober 1974 beschloss das Hauptbott der Zunft St. Niklaus, die Patenschaft für die zu gründende «Zunft Von der Glatt» zu übernehmen. Dies löste bei der Vorbereitenden Gesellschaft nicht nur Genugtuung, sondern auch Freude, darüber aus, dass die beiden Kreise ennet dem Milchbuck, die ähnliche ökonomische und soziale Strukturen aufweisen. Beherzte Gruss- und Dankbotschaften wurden ausgetauscht.

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In der Zwischenzeit hatte man auch den Zunftnamen gefunden. Man wählte «Von der Glatt», weil es sich doch um das Einzugsgebiet Schwamendingen mit gelegentlichen Domizilvermischungen mit Wallisellen und Dübendorf handelte. Diese Benennung stiess aber bei einigen Zünften des Verbandes der Zünfte Zürichs auf kein Verständnis. Das Zunftwappen war aber in Abhängigkeit des Zunftnamens bereits kreiert und schmückte auch schon die Etikette unseres Zunftweins. In das Zunftwappen
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wurde in einem blauen Schild die gestürzte silberne Pflugschar (13. Jh. Mitte), das alte Dorfwappen von Schwamendingen,übernommen. Weil die Glatt im wirtschaftlichen Bereich für Schwamendingen bis ins 19. Jh. eine nicht unwesentliche Rolle spielte, wurde dem Schild ein silberner Wellenpfahl als Symbol der Glatt beigegeben. Das Zunftwappen wurde von der Wappenkommission des Zentralkomitees der Zünfte Zürichs als heraldisch einwandfrei befunden und so als Zunftwappen sanktioniert. Aus «Von der Glatt» wurde schliesslich «Zunft Schwamendingen», was bei allen Zürcher Zünften Genehmigung fand. Bei der Kostümierung und Uniformierung der Zunft Schwamendingen musste man sich durch das bereits bestehende Bekleidungsdickicht kämpfen, denn es wäre für die andern Zünfte kaum zumutbar gewesen und hätte für den Sechseläutenumzug auch keine Bereicherung dargestellt, wenn wir einfach vom Bestehenden etwas übernommen hätten. So kleideten wir die Zünfter in die Sonntagstracht des Bauern der Zürcher Landschaft, 18. Jh. Mitte, wobei wir einige Kostümlinien dem bekannten Trachtenzeichner und -maler Herrliberger entliehen. Der Degen, der jeder Zünfter über der linken Rocktasche angehängt hat, ist Ausdruck der Freiheit und Männlichkeit. Als Kopfbedeckung dient ein schwarzfilziger Dreispitz. Die unterhalb des Knies geschnallte senfgelbe Hose wird ergänzt durch weisse Strümpfe und schwarze Schnallenschuhe. Der Zunftmeister und die Vorsteherschaft kennzeichnen sich durch einen blauen, die Zünfter durch rote, grüne und beige Röcke. Unter dem Rock tragen alle ein einheitliches kragenloses, weisses Hemd, das durch eine leicht abnehmbare weisse Krawatte, die über dem Rock sichtbar ist, ergänzt wird. Das erlaubt den Zünftern, selbst ohne den warmen Rock, ein einheitliches Tenü zu zeigen.
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Die Reiter wurden mit der Kavallerieuniform der Zürcher Milizen 1837 eingekleidet. Diese entspricht in allen Details dem Reglement über die Bekleidung der Milizen des Kantons Zürich vom 9. August 1837, § 13 ff. Die Kopfbedeckung besteht aus einem schwarzen Helm mit vergoldeten Garnituren und einer schwarzen, vom hinteren Helmende bis über die Stirnseite ragenden Raupe (Raupenhelm). Der Signaltrompeter hebt sich mit einer roten Raupe von den andern ab. Die Uniform, mit einem bis zur Hüfte reichenden eng angeschlossenen und mit zwei Rockschürzen versehenen Rock und einer langen Hose mit und ohne Lederbesatz ist olivgrüner Farbe. Der Kragen, die Rockschürzeneinfassungen und Nahtstreifen der Hosen sind karminrot, während das Lederzeug, d. h. Gurt, Säbeltrag- und Patronentaschenriemen, weiss sind, die Patronentasche dagegen schwarz. Der Säbel mit blanker Scheide ist original aus der Zeit. Bei Anlässen, wo das Tragen des Säbels störend wirkt, können die Tragriemen mit der Blankwaffe mittels eines Karabinerhakens vom Gurt gelöst werden. Die für die Kostümierung und Uniformierung Verantwortlichen haben ein ganz besonderes Auge auf praktische Lösungen geworfen, ohne dadurch den äusseren Aspekt zu beeinflussen. Der Zunftlaterne liess man technische Entwicklung und bei der Anfertigung eine besondere Sorgfalt angedeihen. Jeder Zünfter ist auf den Besitz einer solchen Laterne, die nebst dem Zunft- und Stadtschild sein persönliches Familienwappen zeigt, sehr stolz. Zu Hause schmückt sie einen seiner Wohnräume, am Sechseläuten den Zunftsaal und am Abend begleitet sie seinen Besitzer auf dem Auszug. Eine langbrennende Kerze erlaubt nach Anbruch der Dunkelheit dem Interessierten, den Laternenträger und seine Zunftzugehörigkeit auszumachen. Der handgeschmiedete und geschwärzte Laternenhalter, der auf einem dunkelbraunen Sechskantschaft aufgesetzt ist, trägt eine dreimal um den Schaft geschlungene blauweisse Kordel, die in einer weissen und blauen Zottel enden. Aus dem Laternenhalter ragt eine vierkantige, ab der Mitte gewundene, geschwärzte Gabel, die als Laternenhalter dient. Die Laterne selber, die bereits erwähnten transparenten Schilder, die sich von unten nach oben verbreitern, sitzt in einem dunkelgefärbten Metallrahmen. Der Kerzenträger, das untere quadratische Randprofil der Laterne sind vergoldet. Den oberen Abschluss der Laterne bildet eine vergoldete quadratische Krone, überhöht von einem kegelförmigen Abschluss mit vergoldetem Knauf. Die von der Zunft für den Auszug angefertigten Laternen sind am zusätzlichen Dekorreichtum erkennbar. Mitten im Arbeitsfluss der Vorbereitungsbemühungen brach die bisherige Harmonie auseinander. Einzelne Gründungsmitglieder begannen die sehr aktiven Bemühungen des Vorstandes zu kritisieren. Es schien ihnen plötzlich zu schnell zu gehen und Befürchtungen, dass ihnen Felle davonzuschwimmen drohten, liessen sich durchblicken. Diskussionen wurden nicht mehr sachbezogen geführt, sondern verfielen obstruktivem Charakter. Es entstand daraus eine Splittergruppe, der nicht nur Männer aus unserem Quartier angehörten. Immer wieder wurde die Opposition von der Vorbereitenden Gesellschaft zu versöhnlichen Aussprachen eingeladen. Die Resultate waren immer vielversprechend, doch in Tat und Wahrheit blieben die Geister getrennt. So begann eine mehrköpfige Interessengemeinschaft den Bestrebungen der Zunft Schwamendingen entgegenzuwirken. Die grosse Mehrheit der Gesellschaft standen hinter dem Vorstand, so dass sich die beiden Gruppen immer weiter auseinanderlebten.

Am 12. April 1975 wurde die Vorbereitende Gesellschaft zur Gründung einer Zunft aufgelöst und anschliessend die Zunft Schwamendingen gegründet. Als Zeichen der Aufnahme als Zünfter in die Zunft Schwamendingen wurde jedem Zünfter in feierlichem Zeremoniell die auf seinen Namen lautenden Satzungen überreicht.

Darin ist verankert:
«Sinn und Zweck der Zunft

Art. 1 Die Zunft Schwamendingen ist eine Vereinigung im Sinne von Art. 60 ZGB und hat ihren Sitz in der Stadt Zürich.

Art. 2 Zweck der Zunft ist die Förderung des vaterländischen Geistes und des bürgerlichen Gemeinsinnes sowie die Pflege der edlen Geselligkeit und Freundschaft. Sie wahrt und pflegt zürcherische Überlieferung im allgemeinen und unterstützt insbesondere die Bestrebungen zur Erhaltung und Förderung des Brauchtums der ehemaligen Gemeinde Schwamendingen.

Art. 3 Die Zunft Schwamendingen ist Mitglied des Verbandes der Zünfte Zürichs. Sie feiert zusammen mit der Gesellschaft zur Constaffel und den Zünften Zürichs das Sechseläuten.
Mitgliedschaft:

Art. 4 Zur Aufnahme in die Zunft sind erforderlich:
a) das schweizerische Bürgerrecht seit mindestens 20 Jahren. Domizil in der Region, eine Tätigkeit mit Schwamendingen oder nachweislich enge Verbindung mit dem Kreis;
b) das vollendete 20. Altersjahr;
c) bürgerliche Ehren und Rechte, ein guter Ruf und bürgerliche Gesinnung;
...»

Die einzelnen Vorsteher wurden einstimmig gewählt und mit folgenden Aufgaben betraut:

  • Anton Steiner, Zimmermeister, Zunftmeister
  • Hans Wetter, Direktionssekretär, Statthalter
  • Paul Hächler, Unternehmer, Stubenmeister
  • Xaver Stadler, dipl. Sanitär-Installateur, Zunftschreiber
  • Paul Keller, dipl. Elektro-Installateur, Säckelmeister
  • Edi Meier, Bauunternehmer, Zeugherr

Die Göttizunft St. Niklaus erbrachte eine einmalige Geste. Sie lud die gesamte Zunft Schwamendingen als Gast zum Sechseläuten am 21. April 1975 ein. Die Zünfter von Schwamendingen trugen ein dunkles Kleid, als Kopfbedeckung den Dreispitz und am Revers des Vestons das Zunftabzeichen.

Sie durfte dem Zug der Göttizunft folgen. Da die Zunft Hard kurze Zeit vor dem Sechseläuten ein eigenes Restaurant mit Zunftsaal erstand, wurde im Restaurant Urania der dortige Saal frei, so dass die Schwamendinger über ein Lokal in der Stadt verfügten. Dies ist deshalb von Wichtigkeit, weil die gegenseitigen Besuche am Abend des Sechseläutens unter Anführung der Zunftmusik zu Fuss erfolgen. Da der Auszug einer Zunft zwischen 20.00 und 24.00 Uhr drei bis vier Zünfte zu besuchen, der Zunftmeister in seiner Stube ebensoviel zu erwarten hat, ist ein in der Nähesein von eigenem Interesse.

Nach einem geglückten ersten Sechseläuten unterbreitete die Zunft Schwamendingen am 2. Mai 1975 dem Präsidenten des Zentralkomitees der Zünfte Zürichs das Aufnahmegesuch in den Verband. Angesichts der Tatsache, dass die Herren, die seinerzeit der Splittergruppe angehörten und auf eine Aufnahme in die Zunft freiwillig verzichteten, versuchten, einen Keil zwischen das Zentralkomitee der Zünfte Zürichs (ZZZ) und die Zunft Schwamendingen zu treiben, wurde die Zunft Schwamendingen erst an der Delegiertenversammlung des ZZZ vom 26. November 1975, die im Zunfthaus zur Waag stattfand, ohne Gegenstimme aufgenommen. Da bereits am 26. April 1976 das Sechseläuten stattfand, galt es, da die Zunft gewillt war, erstmals kostümiert und uniformiert dabei zu sein, die nötigen Vorbereitungen an die Hand zu nehmen. Das Unternehmen gelang. 48 Stunden vor dem Sechseläuten waren 49 Zünfter, davon 7 Reiter, sowie 12 Kinder eingekleidet. Am Vormittag des 26. April 1976 überbrachte die Göttizunft St. Niklaus im Zunftsaal des Gasthofes Hirschen in Schwamendingen das Zunftbanner als Geschenk. Anschliessend wurde jedem Zünfter der Degen, den berittenen Zünftern der Säbel überreicht. Erstmals wehte das Schwamendinger Zunftbanner durch die Bahnhofstrasse und das Limmatquai zum Bellevueplatz, wo der «Böögg» eines raschen Feuertodes starb.

Jeden 1. Montag des Monats findet ein Bott statt. Die Zünfter treffen sich zum Gedankenaustausch, dem dann stets ein kultureller Vortrag folgt. Noch nie, seit der Gründung der Zunft Schwamendingen, ist die jeweilige Teilnehmerzahl unter 80 % des Zünfterbestandes gesunken. Gäste anderer Zünfte und Kandidaten für die Zunft Schwamendingen dürfen jeweils den Botten, an denen keine Geschäfte getätigt werden, folgen.

Das ordentliche Hauptbott findet alljährlich vor dem Sechseläuten statt und dient ausschliesslich der Behandlung von Sachgeschäften, wie z. B. Abnahme des Jahresberichtes, Genehmigung der Jahresrechnung und Entlastung des Säckelmeisters, Genehmigung des Budgets, Festsetzung des Jahresbeitrages der Zünfter und Stubengesellen sowie allfälliger weiterer Beiträge, Wahlen, Anträge von Vorsteherschaft oder Zünftern.

Ein ausserordentliches Hauptbott kann von der Vorsteherschaft nach freiem Ermessen sowie auf schriftlich begründetes Begehren von mindestens einem Fünftel sämtlicher Zünfter einberufen werden. Zunftanwärter und Gäste haben weder zu Hauptbotten noch ausserordentlichen Hauptbotten Zutritt. Das Martinimahl ist gesellschaftlich gesehen nebst dem Sechseläuten das bedeutendste Jahrestreffen der Schwamendinger-Zünfter. Es findet jeweils im November statt. Nun, dem Martini liegen folgende Begebenheiten zugrunde: Im 13. Jahrhundert war die Abtei Fraumünster Besitzerin grosser Teile der Stadt und des Landes um Zürich, des Sihlwaldes wie auch Gebieten im Kanton Uri. Ab 1336, mit der Übernahme der Regierungsgewalt durch die Zünfte, ging der Zehnten, den die Untertanen zweimal jährlich, im Frühjahr und dann am 11. November, dem Fest des hl. Martin, abzuliefern hatten, an die Zünfte.

Als Zehnten wurden abgeliefert: Geld, Käse, Hühner, Gänse, Früchte, Fische, Gemüse etc. In Erinnerung an diese Begebenheit, wobei jede Zunft dieses Ereignis auf ihre eigene Art begeht, wird Martini gefeiert.

Die Feier des Samichlauses ist bei der Zunft Schwamendingen bereits zur Tradition geworden. Der Vorsteherschaft sind zwei über das Stimmrecht verfügende Beisitzer beigegeben. Diese folgen den Geschäften der Vorsteherschaft während eines Jahres und werden jeweils durch das Hauptbott neu bestellt. Beisitzer werden automatisch der älteste und der jüngste Zünfter.

Dies hat den Vorteil, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt alle Zünfter einmal Gelegenheit gefunden haben, vom Arbeitsumfang und -fächer der Vorsteher Kenntnis zu nehmen. Diese sind auch im voraus dafür bestimmt, dass der eine die Rolle des Samichlauses und der andere die Rolle des Schmutzlis übernimmt. Die bei diesem Anlass an die Vorsteherschaft und Zünfter erteilten Belehrungen sind stets von grösster Pikanterie.

Am 2. Oktober 1976 fand im Hotel International das Gründungsfest statt. Es bildete einen gesellschaftlichen Höhepunkt für die junge Zunft. Sämtliche Zünfte entsandten ihre kostümierten Delegationen und auch Regierungsvertreter und Persönlichkeiten der Politik gaben dem Anlass ihre besondere Note.

Die Zunft Schwamendingen ist bestrebt, kein Eigenleben zu führen, sondern Beziehungen zu bestehenden Vereinen und Gesellschaften des Kreises 12 zu unterhalten. Sie nimmt nicht nur aktiv am kulturellen Leben des Quartiers teil, sondern ist auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten in sozialer Hinsicht tätig.

Der Wahlspruch der Zunft Schwamendingen, der in keinem Moment zu einem Lippenbekenntnis herabgewürdigt werden darf, sondern dem in guten und weniger guten Zeiten nachgelebt wird, heisst:

«Die Heimat zu ehren,
dem Nächsten zu dienen,
die Freundschaft zu pflegen,
an die Zukunft zu glauben»