Die Schützenvereine und ihr Beitrag zur modernen Schweiz

Von Adolf Kellenberger, Schützen- und Waffenfreund

Die Heimat zu ehren,

Sowohl Schützenvereine als auch Turner-, Sänger-, Jodler-, und Schwingervereine gehören zu den schweizerischen Traditionsvereinen. Die meisten von ihnen sind im 19. Jahrhundert entstanden. Ihre Entwicklung ist eng verbunden mit der Entstehung des schweizerischen Bundesstaates. Die Feste dieser Organisationen dienten als Treffpunkte und Propagandaanlässe des national-liberalen Bürgertums.

dem Nächsten zu dienen,

Der Ursprung der eidgenössischen Feste geht auf die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Nach dem Experiment der Helvetik und dem politischen Rückschritt der Restauration hatte die liberale Elite eine Reihe von nationalen Vereinen gegründet (Gemeinnützige Gesellschaft, wiederaufleben der Helvetischen Gesellschaft usw.), in denen das fortschrittliche Gedankengut und die nationale Idee gepflegt wurden. Zusätzlich angeregt durch analoge Entwicklungen in Deutschland, organisierten sich in der Folge auch breitere Schichten des liberalen Bürgertums vereinsmässig: 1824 wurde der eidgenössische Schützenverein gegründet, 1832 der schweizerische Turnverein, ferner - nach bereits längerer kantonaler und regionaler Aktivität - 1842 der Eidgenössische Sängerverein und 1862 der Eidgenössische Musikverband.

Freundschaften zu pflegen,

An den frühen eidgenössischen Schützenfesten sind alle grossen Fragen und Ereignisse besprochen worden, die das Land im 19. Jahrhundert bewegten. Eines der letzten „politischen" Eidgenössischen war - in Zusammenhang mit der Revision der Bundesverfassung - das Schützenfest von 1872 in Zürich. Die politische Dimension trat im letzten Drittel des Jahrhunderts zusehends zurück; sie wurde von den damals neugegründeten grossen Parteien übernommen. In der Gegenwart besitzen Anlässe der Traditionsvereine als Mittler zwischen Gestern und Heute und Stätten der Freundschaft untereinander weiterhin einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft, wie ihre Teilnehmer- und Besucherzahlen immer wieder belegen.

an die Zukunft zu glauben.

Sehr enge Beziehungen bestehen seit der Gründung des Schweizerischen Schützenvereins mit der Armee. Im Auftrag, die Schiessfertigkeit zu erhalten und zu fördern, führen die dem Schweizerischen Schützenverein angeschlossenen Vereine die vorgeschriebenen obligatorischen Schiessen mit der Ordonnanzwaffe durch. Gerade durch diese Beziehung sind die Schützenvereine speziell privilegiert. Wenn im Schiessstand der Arbeiter oder Angestellte neben dem Unternehmer oder hohen Magistraten liegt, ist dies nicht nur ein Aspekt demokratischer Verbundenheit, sondern gehört auch zum Schützenbrauch der Schweiz. Die einzelnen dem Eidgenössischen Schützenvereine angeschlossenen Schützenvereine haben deshalb ein anderes Selbstverständnis als die erst in neuerer Zeit aufgekommenen Vereine mit nur sportlichem, oder rein dem Freizeitvergnügen dienendem Ziel.

Fahnen und Waffen, wie zum Beispiel der Schweizerdegen als persönliche Waffe des freien Mannes oder die Hellebarde als Mittel des kollektiven Einsatzes in schweren Zeiten, bekommen in diesem Zusammenhang einen besonderen Stellenwert. Wenn sie auch nicht mehr dieselbe Bedeutung haben wie früher, im 16. Jahrhundert war der Verlust der Fahne oder des Banners das schlimmste was ein Gemeinwesen erleiden mochte, so gehören sie auch heute noch zum selbstverständlichen Brauchtum von Organisationen, welche ihre Wurzeln im Vorhergesagten sehen und den Willen besitzen auch in Zukunft dazu zu stehen.